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Das verlorene Schaf

Diese Geschichte handelt von Fluffy. Fluffy war ein kleines Schaf. Es lebte mitten in einer grossen Schafherde. Nachts schliefen alle im sicheren und kuschligen Stall. Gerade war Fluffy aufgewacht und schüttelte das Stroh aus seinem Fell. Fluffy war putzmunter und freute sich schon, raus auf die Wiese zu gehen. Noch ein letztes Mal strecken, dann ging die Stalltür auf und der Hirte führte die Schafe hinaus.

 

Es war ein schöner Tag. Die Sonne schien und es roch nach frischem Gras und Blumen. Bei diesem Geruch lief Fluffy schon das Wasser im Mund zusammen. Der Hirte führte die Schafe auf eine wunderschöne Wiese voller bunter Blumen, durch die sich ein kleiner Bach schlängelte.

 

Schmatzend begann Fluffy das frische Gras auszurupfen. Wenn es eine Stelle abgefressen hatte, lief das kleine hungrige Schaf weiter.

Es fand immer eine Stelle, an der das Gras noch besser schmeckte. Fluffy lief und ass und lief und ass und merkte dabei kaum, wie es sich langsam von den anderen entfernte. Da hinten sah es eine ganz besonders schöne Stelle. Fluffy hüpfte hinüber und tatsächlich schmeckte das Gras hier super. So lief es eine ganze Weile immer weiter und weiter.

 

Da hörte Fluffy auf einmal ein lautes Donnern. Erschrocken schaute es auf. Der Himmel sah gar nicht mehr so schön aus wie vorhin. Ein Gewitter war aufgezogen. Grosse dunkle Wolken türmten sich am Himmel. Kurz darauf krachte ein Blitz durch die Wolken. Verängstigt schaute sich Fluffy um. Wo waren die anderen alle hin? Fluffy konnte niemanden mehr entdecken. Es hatte sich zu weit von der Herde entfernt. Die anderen waren sicherlich bereits im Stall. Doch auch den Weg zurück wusste Fluffy nicht mehr. Bei all dem leckeren Gras hatte Fluffy gar nicht mehr darauf geachtet, wo es hingelaufen war.

«Määäh!», schrie Fluffy verzweifelt. Doch das klägliche Mäen wurde vom nächsten Donnergrollen übertönt. Dann öffnete sich die Wolkendecke und der Regen platzte heraus.

 

Da sah Fluffy eine kleine Höhle in der Steinwand neben ihm. Darin versteckte sich das kleine Schaf. Es drückte sich in die hinterste Ecke der Höhle an die kalte Steinwand. Vor ihm prasselte der Regen auf den Boden und spritzte bis in die Höhle hinein. Normalerweise kuschelten sich bei schlechtem Wetter alle Schafe aus der Herde so dicht zusammen, dass es warm und gemütlich war. Doch nun zitterte das kleine Schaf vor Kälte und vor Angst. Bei jedem Donnergrollen und jedem krachenden Blitz zuckte es zusammen. Zusammengekauert wartete Fluffy, dass das Gewitter endlich vorbeizog.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde es endlich ruhiger. Es donnerte und blitzte nicht mehr und schon bald liess auch das Plätschern des Regens nach. Da hörte Fluffy etwas. Es klang, als sei dort vor der Höhle jemand. War das der Hirte? Voller Hoffnung und Erleichterung bekam Fluffy neue Energie und schoss aus der Höhle hinaus. Dass es noch ein wenig regnete war ihm egal. Es wollte unbedingt zurück zu den anderen.

 

Doch vor der Höhle konnte Fluffy weder den Hirten noch die anderen entdecken. Nanu? Wer war das denn dann gewesen? Da hörte Fluffy ein leises Knurren und sah etwas grosses Graues auf sich zukommen. Oh je! Es war nicht der Hirte gewesen. Da war ein Wolf vor der Höhle! Und der lief auf Fluffy zu, fletschte die Zähne und sah auch sonst so gar nicht freundlich aus.

 

Da rannte das kleine Schaf los, so schnell es konnte, so schnell wie es noch nie gerannt war. Doch als es zurückblickte, sah es den Wolf immer näher kommen. Lange würde es nicht mehr dauern, bis der Wolf das kleine Schaf erreicht hatte.

 

Da blieb der Wolf plötzlich abrupt stehen, zog den Schwanz ein, legte den Kopf in den Nacken, drehte sich um und floh.

 

Was war denn nun passiert? Doch noch bevor das kleine Schaf begreifen konnte, was geschehen war, rannte es in etwas grosses Weiches hinein. Es hatte vor lauter nach hinten sehen, gar nicht mehr geschaut, wo es hinrannte. Da hörte Fluffy die Stimme des Hirten. Voller Freude sah Fluffy nach oben und blickte direkt in die Augen des Hirten, der vor ihm stand. Deswegen war der Wolf auf einmal abgehauen. Endlich hatte der Hirte Fluffy gefunden. Das kleine Schaf war überglücklich und unglaublich erleichtert. Der Hirte trocknete das kleine Schaf ab und trug es sicher zurück zur Herde. Als die anderen Fluffy sahen, freuten sich alle sehr und so feierten sie an diesem Abend ein grosses Fest.

Das Haus auf Fels

Es waren einmal 2 Waldzwerge namens Niri und Amon. Eines Tages, als Niri und Amon zusammen durch den Wald liefen, sahen sie etwas, was sie vorher noch nie gesehen hatten. Es war gross und sah ein bisschen aus wie ein Stein mit Löchern, doch aus dem Inneren kam Licht. Neugierig kamen die beiden näher. Da öffnete sich der Stein und ein alter Zwerg kam heraus. Freundlich lächelte er die beiden Zwerge an. «Habt ihr noch nie ein Haus gesehen?», fragte er die beiden. «Haus» nannte sich dieses Gebilde also. Der alte Zwerg erzählte Niri und Amon, dass auch sie sich ein solches Haus bauen könnten. Er hatte sogar noch die Anleitung, wie man so ein Haus baute. Er gab den beiden ein kleines Buch mit der Anleitung. Es sei wichtig, sich an die Anleitung zu halten, damit das Haus stabil werde, meinte er.

Da dachten sich die beiden: So ein Haus wäre doch etwas Schönes. Dann müssten sie sich bei einem Unwetter nicht mehr zwischen den dreckigen und nassen Wurzeln verstecken und auch sonst wäre es doch schön, in einem so hübschen Haus zu wohnen.


Sie nahmen das Buch mit und suchten einen guten Platz, wo keine Bäume standen. Dann begannen beide mit dem Bauen.

Amon machte genau das, was in der Anleitung stand. Er grub zuerst ein Loch in den Boden. Das war sehr anstrengend. Ständig stiess er an Steine und Wurzeln und so kam er nur langsam voran. Endlich war es tief genug. Da sah er zu Niri herüber. Der war schon viel weiter. Bei Niri stand schon fast das ganze Haus. Wie hatte Niri das nur so schnell schaffen können? Als Niri Amons Loch im Boden sah, lachte er ihn aus. Das war doch kein Haus. Da war ja nur ein Loch! Niri hatte sich die Anleitung nicht durchgelesen. Er meinte, so ein Haus könne man doch auch viel einfacher bauen. Und wozu sollte man ein Loch graben? Das machte also wirklich keinen Sinn.

So viel Arbeit war es gewesen und nun stand Amon da vor seinem dunklen grossen Loch. Wie sollte daraus bloss ein Haus entstehen? Doch er liess sich nicht abschrecken. Die Anleitung musste doch funktionieren. Der alte Zwerg hatte ihnen extra noch gesagt, dass es wichtig war, sich an die Anleitung zu halten, damit das Haus stabil und gut wurde. Darum entschied sich Amon, Niris Lachen zu ignorieren und weiter der Anleitung zu folgen.


Als nächstes füllte Amon sein Loch mit Beton auf. Den liess er aushärten. Jetzt hatte er einen festen Steinboden. So machte das schon mehr Sinn. Trotzdem verstand Amon nicht ganz, warum das wichtig sein sollte. Niris Haus hatte keinen Steinboden, sah aber trotzdem super aus und war mittlerweile sogar schon fertig. Wieder kam Niri und lachte Amon aus: «Wie lange brauchst du denn noch, um dein Haus zu bauen? Guck mal, ich bin längst fertig und du hast erst den Boden.»

Amon ignorierte Niri und begann einen Stein nach dem anderen aufzuschichten. Dann baute er ein stabiles Dach auf die Wände. Jetzt konnte er sein Haus endlich einrichten und dekorieren. Als Amon fertig war, war er sehr zufrieden. Es hatte sich gelohnt, dranzubleiben. Sein Haus sah wirklich super aus. Trotzdem wunderte er sich, warum der alte Zwerg gemeint hatte, sie sollten sich an die Anleitung halten. Klar sah Amons Haus nun tatsächlich gut aus. Aber Niri war viel schneller gewesen und sein Haus sah fast genauso schön und stabil aus.


Da sahen die beiden Waldzwerge dunkle Wolken aufziehen. Ein Unwetter kam auf sie zu. Doch jetzt hatten sie ja zum Glück ihre schönen Häuser. Schnell verkrochen sich Niri und Amon in ihren kuschligen Häusern. Es begann zu stürmen und zu regnen. Immer stärker wehte der Wind um die beiden Häuser herum und der Regen peitschte gegen die Wände. Doch Amon bekam in seinem Haus kaum etwas davon mit. Er sass an seinem Fenster, trank eine grosse Tasse heissen Hugo und lehnte in seinem Sessel. So gemütlich hatte er bisher noch nie ein Unwetter erlebt. Hier drinnen war es warm, trocken und gemütlich. Draussen sah er das Unwetter toben.


Da schaute er zu Niris Haus hinüber. Oh je, das sah aber gar nicht gut aus. Niris Haus bog sich im Wind hin und her. Doch damit nicht genug. Das Wasser spülte den sandigen Boden weg, so dass Niris Haus in den Boden einsank und die Wände keinen Halt mehr fanden.

Dann plötzlich erklang ein lautes Krachen und Niris Haus fiel endgültig in sich zusammen.


Amon rannte hinaus und sah, wie Niri sich gerade noch aus seinem einstürzenden Haus retten konnte. Schnell holte Amon Niri in sein Haus.

Jetzt wussten beide, weshalb es wichtig war, zuerst ein Loch zu graben und das Haus dann auf Stein zu bauen. Angesichts des Unwetters machte die Anleitung auf einmal viel mehr Sinn. Doch nun während des Sturmes konnte Niri sein Haus nicht reparieren. Ausserdem würde es lange dauern, wenn er sein Haus nun richtig bauen wollte. So setzten sich die beiden zusammen ans Fenster und sahen zu, wie die Reste von Niris Haus wegschwammen. Immerhin waren sie hier drinnen sicher und Niri war dankbar, dass Amon ihn nach all seinen blöden Sprüchen noch zu sich ins Haus aufnahm. Niri verstand nun und es tat ihm ehrlich leid. Niri und Amon versöhnten sich wieder und machten es sich bis zum Ende des Sturmes in Amons Haus gemütlich.


Nach dem Sturm machten sie sich zusammen an die Arbeit und bauten ein neues Haus. Diesmal nach Anleitung – eines, das hält. Schon bald standen zwei sehr schöne und stabile Häuser nebeneinander auf dieser Lichtung. Und egal wie sehr es auch stürmte, die Häuser stehen heute noch da.

©Ameisli 2021. Der Verkauf sowie jegliche Nutzung dieser Geschichten ausserhalb des Lesens sind untersagt.

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